Gendercontrolling ermöglicht Unternehmen die systematische Integration von Gleichstellungszielen in ihre Planungs- und Steuerungsprozesse. Durch gezielte Kennzahlen und messbare Indikatoren schaffen Organisationen Transparenz und können ihre Fortschritte bei der Geschlechtergerechtigkeit kontinuierlich überwachen und steuern.
Wichtige Erkenntnisse
- Systematische Steuerung: Gendercontrolling verankert Gleichstellungsziele direkt in den regulären Unternehmenscontrolling-Prozessen
- Messbare Kennzahlen: Gender Pay Gap, Führungsquoten und Beförderungsraten liefern konkrete Daten für fundierte Entscheidungen
- Wirtschaftlicher Nutzen: Geschlechterdiverse Teams zeigen laut McKinsey eine um 48% bessere Performance
- Strukturelle Veränderungen: Nur durch systematisches Controlling lassen sich versteckte Benachteiligungen aufdecken und beseitigen
- Führungsverantwortung: Erfolg erfordert die direkte Einbindung der obersten Führungsebene in die Zielerreichung
Was bedeutet Gendercontrolling?
Gendercontrolling stellt eine strategische Managementmethode dar, die Gleichstellungsziele systematisch in die routinemäßigen Planungs- und Steuerungsprozesse einer Organisation integriert. Diese Top-down-Strategie überträgt Führungskräften die direkte Verantwortung für Gleichstellungsmaßnahmen in ihren Bereichen.
Der Implementierungsprozess folgt einem achtstufigen Ansatz:
- Diagnose der aktuellen Situation
- Strategische Zielsetzung
- Entwicklung von Kennzahlen
- Zielvereinbarungen mit Führungskräften
- Kontinuierliches Monitoring
- Umsetzung der Maßnahmen
- Zwischenkontrolle nach sechs Monaten
- Jährliche Evaluation der Ergebnisse
Das Führungscockpit Gleichstellung ermöglicht regelmäßige Reportings zum Stand der Zielerreichung. Erfolgsfaktoren sind der politische Wille der obersten Führung, zielorientierte Managementkonzepte und ausreichende Ressourcen für die Gender Management Konzepte.
Zentrale Kennzahlen im Gendercontrolling
Die Geschlechterverteilung auf allen Hierarchieebenen bildet eine Grundkennzahl des Gendercontrollings. DAX-Unternehmen weisen nur 28,5% Frauen in obersten Führungsebenen auf, obwohl 33,1% der Gesamtbelegschaft weiblich ist.
Folgende Kernkennzahlen liefern aussagekräftige Daten:
Kennzahl | Deutschland gesamt | DAX-Konzerne |
---|---|---|
Gender Pay Gap | 16% | 13,9% |
Frauen in Teilzeit | 49% | – |
Männer in Teilzeit | 12% | – |
Erwerbstätige Väter | 92% | – |
Erwerbstätige Mütter | 71% | – |
Bei den Beförderungsraten zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede, die systematische Auswertung erfordern. KPIs für Rekrutierung beinhalten feste Prozentsätze von Frauen bei Kandidaten und Interviews sowie Begründungspflicht für Ablehnungen.
Datenerhebung und systematische Analyse
HR-Datenbanken und Personalstatistiken liefern quantitative Kennzahlen für das Gendercontrolling. Mitarbeiterbefragungen ergänzen diese um qualitative Aspekte zur Inklusionskultur und Arbeitsplatzkultur.
Das Benchmarking mit Branchenstandards zeigt deutliche Unterschiede: Der öffentliche Dienst erreicht 44% Frauen in Führungspositionen, die Privatwirtschaft liegt deutlich niedriger. Diese Daten fließen in bestehende HR-Controlling-Systeme ein.
Zentrale Herausforderungen bei der Datenerhebung umfassen:
- Fehlende einheitliche Datengrundlagen
- Unklare Definitionen von Führungsebenen
- Mangelnde Datentransparenz zwischen Abteilungen
- Systematische Aufbereitung für alle Führungsebenen
Ein Gender Audit kann dabei helfen, diese Datengrundlagen zu schaffen und Schwachstellen zu identifizieren.
Wirkung und Nutzen von Gendercontrolling
Gendercontrolling trägt zum Abbau struktureller Benachteiligungen bei. 64,5% der DAX-Unternehmen haben noch unterrepräsentierte Frauen in Führungspositionen, was das Potenzial für Verbesserungen verdeutlicht.
Die Förderung von Diversität zeigt messbare Erfolge: McKinsey belegt eine 48% bessere Performance bei geschlechterdiversen Teams. Die Hans-Böckler-Stiftung dokumentiert einen kulturellen Wandel mit 3,8 Prozentpunkten höherer Wahrscheinlichkeit für egalitäre Ansichten.
Weitere Nutzenaspekte umfassen:
- Verbesserte Mitarbeiterbindung durch Work-Life-Balance-Monitoring
- Erhöhte Arbeitgeberattraktivität für weibliche Talente
- Erfüllung von ESG-Anforderungen als Compliance-Faktor
- Messbare ROI von Diversity-Maßnahmen
Praktische Implementierung im Unternehmen
Die Verankerung in der Unternehmensstrategie erfordert die Übernahme der Verantwortung durch ein Vorstandsmitglied. Integration in normale Zielvereinbarungsprozesse stellt sicher, dass alle Führungskräfte zur Zielerreichung beitragen.
Effektive Reporting-Mechanismen beinhalten:
Die Gender-Kompetenz-Entwicklung bei Controlling-Verantwortlichen und der Führungsspitze bildet eine wichtige Grundlage. Systematisches internes Berichtswesen kommuniziert Ergebnisse transparent an alle Stakeholder.
ESG-Berichterstattung verstärkt die Bedeutung von Gender-KPIs als Compliance-Anforderung.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Die fehlende Datengrundlage stellt eine zentrale Herausforderung dar: Nur 12 von 40 DAX-Unternehmen erfüllen die 30%-Vorgabe für Frauen in Führungspositionen. „Zahlenglauben“ ohne kulturellen Wandel führt zu funktionaler Segregation – ein Drittel der DAX-Vorständinnen arbeitet in HR-Bereichen.
Organisationale Widerstände zeigen sich in aktuellen Entwicklungen: Der Frauenanteil in Führungspositionen sank 2025 auf 23,9% – den niedrigsten Wert seit 5 Jahren. Work-to-Family-Konflikte betreffen Frauen in hochqualifizierten Positionen überproportional stark.
Der Gender Care Gap von 43,4% verdeutlicht strukturelle Herausforderungen: Frauen leisten täglich 76 Minuten mehr unbezahlte Sorgearbeit. Branchenspezifische Barrieren zeigen sich im Baugewerbe mit nur 10% Frauen in Führungspositionen, während das Gesundheitswesen 39,5% erreicht.
Wir bei FEMALE RESOURCES unterstützen Unternehmen dabei, diese Herausforderungen zu meistern und nachhaltige Gleichstellungserfolge zu erzielen. Durch systematisches Gendercontrolling schaffen Organisationen die Grundlage für datengestützte Entscheidungen und messbare Fortschritte bei der Geschlechtergerechtigkeit.
Quellen:
Wikipedia – Gleichstellungs-Controlling
Gleichstellungs-Controlling.org – Artikel Maitagung HSG 2009
Hans-Böckler-Stiftung – Studien zu Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit
GenderKompetenz.info – Gendercontrolling
Haufe – Strukturelle Geschlechterdiskriminierung in DAX-Konzernen
LBBW – Equal Pay Day Germany
EY – DAX40 Gender Diversity
Statista – Gender Pay Gap by Reason Germany
Statista – Frauenanteil in DAX-Vorständen
Statista – Men Women Gender Pay Gap
Destatis – Gender Pay Gap
Fondsfrauen – Forderungen Fondsfrauen
Greenhouse – Guide to Measuring DEI Recruitment KPIs in Europe
Grant Thornton – Measuring Diversity and Inclusion Part of the G in ESG
IZA – Discussion Paper 10716
BMFSFJ – Gender Care Gap ein Indikator für die Gleichstellung
Destatis – Pressemitteilung 2025
BMFSFJ – Statistisches Bundesamt veröffentlicht neue Zahlen zum Gender Care Gap
Daddylicious – Gender Care Gap Deutschland
Statista – Gender Care Gap Unbezahlte Arbeit nach Geschlecht