Martina Würker

Ihr Karriereweg: Was waren die größten Meilensteine auf Ihrem bisherigen Karriereweg und was hat Sie dabei am Stärksten geprägt?

Meine erste Führungsrolle: Es wurde erwartet, dass ich etwas sage und etwas tue. Ich hatte keinerlei Begleitung und wollte allen Anforderungen gerecht werden. Was dabei wichtig war und heute immer noch wichtig ist: Mit den Mitarbeitenden sprechen!
Zwei Situationen sind mir besonders im Gedächtnis geblieben: Nach zwei Monaten war ich erstmals im Jugendhilfeausschuss. Ich traf eine Aussage und wurde am nächsten Tag in der Presse kritisiert. Es war ein Fehler, aber es hat mich gestärkt. Und mein Chef hat mir Freiheiten gegeben und stand hinter mir. Mit Anfang 30 hatte ich einen Mitarbeiter mit Alkoholproblem. Niemand zuvor hatte ihn darauf angesprochen. Ich tat es. Der Arbeitgeber ist derjenige, der Menschen anstoßen kann. Er ging in Therapie. Auch das geschafft zu haben, hat mich gestärkt.
Fazit: Mit Menschen reden ist enorm wichtig! Austausch und Coaching empfinde ich als Stärkung für mich und gibt Orientierung.

Work-Life-Balance: Eine solche Karriere erfordert hohen Einsatz. Wie schaffen Sie es täglich „bei sich zu bleiben“? Haben Sie Tipps?

Dies gilt es immer wieder neu auszutarieren. Früher habe ich z. B. Theater gespielt, bis ich es nicht mehr regelmäßig zu den Proben geschafft habe. Ich überlege mir: Was ist mir wichtig? Wie kann ich mir die Aufgaben einteilen?

Dabei helfen Methoden zum Zeitmanagement nur bedingt. Denn die Prioritäten muss ich selbst setzen und kommunizieren. Heute gelingt mir dies besser. Ich habe Erfahrungen gesammelt, wie ich mich gut organisieren kann. Zum Beipspiel mache ich meinen Sport vor der Arbeit und integriere Bewegung in den Alltag. Das funktioniert gut und ich habe gelernt abzuschalten. Grundsätzlich bemisst sich eine gute Führungskraft nicht nach dem Zeiteinsatz – außer wie viel Zeit ich mir für meine Mitarbeitenden nehme.

Weibliche Führung: Hatten Sie auf Ihrem bisherigen Weg Vor- oder Nachteile, weil Sie eine Frau sind? Gab es weibliche Vorbilder, die Sie in Ihrem Führungsverständnis gestärkt haben?

Ohne die Förderung meines (männlichen) Chefs hätte ich damals weniger Chancen auf meine erste Führungsstelle gehabt. Als Frau ist es oftmals anstrengender. Männer präsentieren sich in der Regel anders und bemessen Erfolge viel mehr an Zahlen und Fakten, so dass „frau“ lernen muss wie sie gehört wird. Heute gewinnen „weiche“ Faktoren an Bedeutung, wovon Frauen grundsätzlich profitieren.
Die Förderung von Frauen ist mir wichtig. Hierfür gilt es unter anderem entsprechende Strukturen zu schaffen (z. B. Führen in Teilzeit), von denen Frauen wie Männer profitieren. Mein Vorteil als Chefin ist, ich kann gestalten!

Ein Vorbild ist für mich Christiane Schönefeld (Vorstand Bundesagentur für Arbeit), da sie sehr souverän und selbstbestimmt agiert und es schafft trotz aller Normen Wege zu finden. Auch Jutta Allmendinger (Soziologieprofessorin) beeindruckt mich mit ihrem Auftreten.

Interviewt von: Anna Maria Müther, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- u. Raumforschung I Margit Krahe, Sparkasse KölnBonn

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