Sie haben wichtige Karriereschritte als jeweils erste Frau in einem eher männlich dominierten Umfeld gemeistert. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Durchaus unterschiedliche – das kennen wir sicher alle. Bevor ich zur DEG kam, bewegte ich mich über die Jahre in so unterschiedlichen Branchen wie der Finanzierung von Fluggesellschaften, der Schifffahrt und auch dem Risikomanagement. In der Flugzeugbranche fiel es mir zunächst nicht so schwer Fuß zu fassen. Die Community war sehr international, mit vielen jungen Gesichtern und angelsächsisch aber auch französisch geprägt. Diese Diversität, aber auch einige Frauen in Führungspositionen, an denen ich mich orientieren konnte, haben sehr geholfen. Richtig bewusst wurde mir dies aber erst, als ich mich in der Schifffahrtsbranche bewähren musste – hier geht es sehr traditionsbewusst zu, alteingesessene Kaufmannschaften und Reeder prägen die Kultur. Erst während dieser Zeit habe ich die Bedeutung von männlichen Netzwerken erkannt und mehr und mehr verstanden damit umzugehen. Das letzte Quäntchen zum vollkommenen Zugang fehlte jedoch immer. Gerade deshalb finde ich Frauennetzwerke so wichtig. Und über die Jahre entwickeln sich diese auch inhaltlich immer mehr. Die gegenseitige Unterstützung wird konkreter – in persönlichen Fragen der Karriere und auch im Austausch von Informationen, Ideen und Kontakten in geschäftlichen Fragen. Das finde ich sehr ermutigend.
Was hat Sie zu dem jeweils nächsten Karriereschritt motiviert?
Ich hätte mir nie vorstellen können, über Jahrzehnte immer sehr ähnliche Aufgaben zu haben. So ein Berufsleben ist lang, und Veränderung motivierte mich immer wieder. Mit jeder neuen Stufe in der Hierarchie ist nicht nur eine fachliche Weiterentwicklung verbunden und ein anderer Blick auf die Dinge. Man muss sich insbesondere auch als Mensch in einer neuen Rolle ausprobieren. Das hat mich stets gereizt. Dafür braucht es Neugierde und Mut, die Herausforderung anzunehmen. Frauen zögern und hinterfragen sich manchmal zu lange, wenn sich eine Chance ergibt. Ich kenne dies von mir selbst nur zu gut. Ich habe auch erst nach einiger Zeit verstanden, dass niemand perfekt ist, wenn er den nächsten Schritt geht. Aber es lohnt sich, den eigenen Stärken zu vertrauen. Ich rate Frauen, im richtigen Moment entschieden JA zu sagen.
Gibt es Erfahrungen, die Sie lieber nicht gemacht hätten?
Als ich 9/11 für die Flugzeugfinanzierung verantwortlich war und weltweit eine Konkurswelle von Fluggesellschaften auslöste, begann eine beruflich sehr schwierige Phase mit enormen Herausforderungen und Belastungen. Hätte ich dies vorher gewusst, hätte ich mir diese Aufgabe nicht zugetraut. Damals hätte ich auf diese Erfahrungen gerne verzichten wollen. Aber im Rückblick habe ich in solchen Phasen am meisten gelernt. Wohl auch fachlich-inhaltlich, aber vor allem über mich persönlich. Ich habe erleben können, dass ich auch in Stresssituationen Aufgaben gut bewältigen kann und mich Rückschläge nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Dies hat mir in späteren beruflichen Situationen sehr geholfen und rückblickend wollte ich diese Erfahrungen nicht mehr missen.