Was sind Unterschiede oder Gemeinsamkeiten, aus Ihrer Sicht, zwischen einer „Doppelspitze“ und einem „Führungstandem“?
Beide Begriffe werden häufig synonym verwendet, gerade wenn es um den Paritätsgedanken geht. In der DEG hatten wir früher auch schon Doppelspitzen, da ging es aber nicht um paritätische Besetzung. Es haben zwei Vollzeit-Abteilungsleiter:innen eine große Abteilung gemeinsam geleitet, die aber auch hätte aufgeteilt werden können. Für mich ist ein Führungstandem im engeren Sinne, wenn sich zwei Teilzeit-Führungskräfte eine Stelle teilen und gemeinsam die Verantwortung für eine Abteilung übernehmen. Und hier zeigt sich ein Unterschied: Ein Führungstandem ermöglicht es Frauen und Männern, Beruf und Führung besser unter einen Hut zu bringen. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten, denn in beiden Modellen braucht es eine sehr enge Abstimmung und eine einheitliche und transparente Kommunikation.
Wichtig bei einem Führungstandem ist, dass sich die beiden Tandempartner selber finden. Man würfelt sie nicht einfach zusammen; beide müssen fest überzeugt sein, eine Abteilung gemeinsam führen zu wollen. Die Chemie muss stimmen.
Sie haben als erste Führungskraft in der DEG ein Führungstandem in Ihrem Bereich etabliert. Welche Hoffnungen und welche Befürchtungen hatten Sie, als Sie zum damaligen Zeitpunkt über diese Option nachdachten?
Ich habe mich damals sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, hatte dabei aber den Vorteil, dass ich eine der beiden Führungskräfte vorher schon sehr gut kannte. Wichtig für den Erfolg der Tandemkonstellation war für mich eine klare Aufteilung der Verantwortung und Abgrenzung der Einflussbereiche. Das persönliche Auskommen der beiden Tandempartner ist entscheidend für ein Gelingen.
Eine Tandemführung bietet viele Vorteile, auf die ich bei der Entscheidung auch gesetzt habe: hohe Flexibilität, gegenseitige Vertretungsmöglichkeit, bessere Erreichbarkeit, schnellere Entscheidungen, gegenseitige Ergänzung von Stärken und natürlich der Tandempartner als Sparringspartner. Dafür müssen sich die Tandempartner uneingeschränkt vertrauen – und so kommt man im Tandem vielleicht sogar zu besseren Ergebnissen.
Gibt es etwas, das Sie dann in der Praxis überrascht hat, womit Sie vorher nicht gerechnet hatten?
Ich hatte keine festen Erwartungen oder Vorstellungen: Ich war sehr offen und auch neugierig, ob und wie es funktionieren würde. Ich hätte mir aber tatsächlich nicht vorgestellt, dass eine Tandem-Führung wirklich reibungslos funktionieren kann. Und ich muss sagen, nach außen hin tritt das Führungstandem sehr konsistent und geschlossen auf. Ich kann mir zwar vorstellen, dass die beiden auch mal Reibungen haben. Das ist normal, dass es auch unterschiedliche Vorstellungen gibt. Aber nach außen treten sie geschlossen auf und das hat mich angenehm überrascht.
Abschließend wäre es schön, wenn wir von Ihnen noch ein Zitat dazu bekommen könnten, was eine Frau aus Ihrer Sicht mitbringen muss, um Karriere zu machen.
Mein Appell an alle Frauen ist „Traut Euch und traut Euch Führung zu, bleibt dabei aber authentisch und verbiegt Euch nicht.“